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Remo F. Roth
Dr. oec. publ., Ph.D.
dipl. analyt. Psychologe (M.-L. v. Franz)
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zu diesem Thema siehe auch
Die
Neue Mystik und das Leben nach dem Tod
Stichworte:
Extraktion der
roten Tinktur
©
copyright 2000 by Remo F. Roth, Zürich, Switzerland
Was uns die
Träume über ein
mögliches Leben nach dem Tod sagen
Eine Zusammenfassung der
Ausführungen von Marie-Louise von Franz im Buch Traum und Tod
(Kösel Verlag, München, 1984), ergänzt
durch Kommentare (gez. RFR) und durch Träume, Visionen und
Bilder aus der Praxis von Dr. Remo F. Roth
0.
Einführung
1.
Das Geheimnis im Leichnam
2. Motive der
Vegetation: Baum, Korn, Blume
3. Die
Todeshochzeit
4. Der dunkle
Geburtsweg
5. Der Tod als der
unheimliche oder hilfreiche "Andere"
6. Der Durchgang
durch Feuer und Wasser
7. Die
"Bearbeitung" des alten Körpers
0.
Einführung
Immer mehr Menschen
beschäftigen sich heute mit Fragen des Sterbens und des Todes
und in diesem Zusammenhang auch mit jener, ob es ein Leben nach dem
Tod geben könnte. Daher finden die Forschungen von Elisabeth
Kübler-Ross immer grössere Beachtung. Auch die Erforschung
der Nah-Tod-Erfahrungen hat uns wichtige Einsichten in ein
mögliches Leben nach dem Tod und in die Erscheinungsweisen des
Übergangs in die andere Welt gegeben.
Wir modernen Menschen sind es
hingegen nicht gewohnt,
in unserer eigenen Seele nach Hinweisen
zu suchen, ob und wenn ja, wie das Leben nach dem physischen Tod
weitergehen könnte. Es bedeutet daher ein äusserst
grosses Verdienst von Marie-Louise von Franz, dass sie sich in ihrem
letzen Buch vor ihrem eigenen Tod (am 17.2.1998) mit dieser Thematik
auseinandergesetzt hat. Anhand von Träumen Sterbender hat sie
gezeigt, dass uns unser Unbewusstes schon Jahre bis Jahrzehnte vor
unserem Tod auf ein Leben nach diesem Erdenleben vorbereitet.
Schon C.G. Jung hat gesehen,
dass wir uns eigentlich schon zu Beginn der zweiten
Lebenshälfte, das heisst also ab ungefähr 38 Jahren, mit
dem Phänomen des bevorstehenden Todes und einer möglichen
Vorbereitung auf dieses Ereignis beschäftigen sollten. Viele
Menschen schieben diese Aufgabe jedoch Jahre und Jahrzehnte vor sich
her, bis das Unbewusste mit eindrücklichen Träumen auf die
Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit der Frage des Lebens nach
dem Tod an unserer Tür anklopft.
Diese Träume
konzentrieren sich auf einige wenige Themen, welche in der folgenden
Zusammenfassung näher erläutert werden. Sie soll Menschen
im Alter anregen, über ihre eigenen Träume nachzudenken,
die sie individuell auf ihren "Abmarsch" (C.G. Jung)
vorbereiten wollen. Sie ersetzt hingegen nicht die Beschäftigung
mit den eigenen Träumen, da diese in jedem Fall eine ganz
spezifische Botschaft für jeden einzelnen Menschen
enthalten.
1.
Das Geheimnis im Leichnam
Diese Auseinandersetzung mit
Todesträumen ist insofern von Bedeutung, als der westliche
Christ äusserst hilflos vor dieser Frage steht (das folgende
gemäss Traum und Tod, Kösel Verlag, München,
1984, S. 11f., 24f. (im folg. abgekürzt als T&T)). Die
katholische Kirche lehrt zwar die Unsterblichkeit der Seele und die
Auferstehung des Körpers, über den Weg und das Ziel dieses
Prozesses werden jedoch keine Angaben gemacht. Im Gegensatz dazu
schildern die Träume einen empirischen (auf innerer Erfahrung)
beruhenden Weg zu diesem Ziel. Dabei - dies sei jetzt schon gesagt -
zeigen sie eindeutig, dass wir nicht in unserem gegenwärtigen
Körper weiterleben werden, sondern dass unsere Aufgabe
darin besteht, schon in diesem Leben durch einen aktiven
introvertierten Prozess am Aufbau des Körpers für das Leben
nach dem Tod zu arbeiten.
Dieser Prozess besteht
gemäss der Aussage vieler Träume darin, den
"Diamantkörper" (Hauchkörper, subtle body) für
das Nachtodleben in einer unten noch
näher zu spezifizierenden Art und Weise aus dem physischen
Körper zu extrahieren. Marie-Louise von Franz meint daher
(T&T, S. 39): "Die Auferstehung ist [gemäss den
Trauminhalten; RFR] nicht eine einfache Wiederbelebung des toten
Körpers, sondern eine totale Wiedererzeugung, welche jedoch am
Ort des alten Leibes ihren Ausgang nimmt." Ein Beispiel eines solchen
äusserst eindrücklichen Traumes habe ich in Der
Traum der Sozialarbeiterin
dargestellt.
Einige Träume älterer Menschen
greifen eine alte Idee des Kirchenvaters Origenes (185 bis 243
n.Chr.) auf, für die er im Jahr 553 zum Häretiker (Ketzer)
erklärt wurde (zum folg. s. T&T, S. 27f.). Er lehrte, dass
in unserem physischen Körper eine Art Samen oder
Keim enthalten sei, aus welchem ein Auferstehungsleib für das
jenseitige Leben entstehe. Dieser Leib - und hier ist die eigentliche
ketzerische Idee - ist göttlich. Er ist unsichtbar und unfassbar
für unsere fünf Sinne.
Origenes lebte in Ägypten, und für
den alten Ägypter war der Leichnam ein Mysterium, aus welchem
nach einer Auflösungs- und Wandlungsphase der
Auferstehungsprozess begann. Für Origenes war dieser daher wie
ein Saatbeet (seminarium), aus dem der Auferstehungsleib
hervorwuchs. Schon hier findet sich somit der Zusammenhang mit dem
Motiv der Vegetation, welches in den Träumen über das Leben
nach dem Tod ebenfalls eine zentrale Rolle spielt.
Ohne von diesen Theorien des Origenes zu
wissen, träumte ein Klient von mir folgenden Traum:
Traum
von Merlin im verwunschenen Schloss:
Ich bin in einem
verwunschenen mittelalterlichen Schloss. Von allen Seiten werden
Blitze auf mich geschleudert, die meinen Körper treffen und
sehr schmerzen. Eine alte Frau führt mich nun zum Gebieter
des Schlosses. Ich weiss im Traum, dass es der Zauberer Merlin
ist.
Wir kommen zur
Türe seines Zimmers hinein. Links neben dieser Türe
liegt dieser Zauberer Merlin. Das Seltsame ist, dass er vorerst
nur aus einem menschlichen Kopf besteht, sein Körper ist
hingegen Erde, die wie in einem Frühlingsbeet durch vier
Bretter gefasst ist. Dieses ist etwa so lang wie ein kleiner
menschlicher Körper und ungefähr 1 m 10
breit.
Merlin schaut
uns mit ganz seltsamen Augen an: Sie sind weit geöffnet, die
Pupille ist jedoch ganz klein. Und nun wird die Erde zu Merlins
Körper und dieser erhebt sich aus diesem
"Frühlingsbeet". Merlin geht nun zu seinem Schreibtisch und
setzt sich zusammengelegt in der "Embryostellung"
darunter.
Unter diesem
Pult geht nun von Merlin ein "Wetterleuchten" aus, welches man als
aufblitzende "Erleuchtungen" des Raumes sieht. Diese Erleuchtungen
Merlins bewirken, dass der Körper der alten Frau sich in
nichts, in Luft auflöst. Ich sehe dies daran, dass ihre
Kleider und ihr Hut zu Boden fallen und auf einem Haufen
liegenbleiben.
Nun bin ich
frei! Nun treffen mich keine vernichtenden Blitze mehr! Nun kann
ich auch das Schloss verlassen, wenn ich will.
Später sehe
ich dann die nun wieder auferstandene Frau von ferne. Sie ist
verwandelt, ist nun ganz jung (spontane Assoz.: C.G. Jung!) und
viel grösser als vorhin, doch ist sie auch ganz demütig
geworden, und ich glaube, dass sie sich mir unterwerfen
würde, wenn ich es wollte. Sie wollte mich nämlich
vernichten, als sie mich zu Merlin brachte, doch musste sie
einsehen, dass Merlin mir positiv gesinnt ist und mich vor ihrer
Destruktivität schützt.
Beim christlichen Gnostiker Simon
Magus, dem
Gegenspieler des Apostels Simon Petrus, findet sich das Motiv des
Lebensfeuers, welches alles Sichtbare und unsichtbare durchwaltet.
(Zum folgenden s. auch Remo F. Roth: Die
Gnosis des Simon Magus
(Kap. 8 des Ms. Archetypische
Psychosomatik). Dieses Feuer
erzeugt sowohl die sichtbare als auch die unsichtbare Welt. Diese
beiden Welten vergleicht er mit einem Baum, der alles Leben
nährt. Die sichtbare Welt entspricht seinen Blättern,
Zweigen und dem Stamm, welche am Ende des Lebens vom Feuer
zerstört werden. Aber die Frucht dieses Baumes, welche der
menschlichen Seele entspricht, wird nicht verbrannt sondern sie lebt
ewig, sofern sie zuvor gereinigt und aus ihrer früheren Form
befreit worden ist. Es ist also eine Arbeit in diesem Leben
notwendig, um der Seele ein Leben im Jenseits zu verleihen.
Dieses Motiv, welches auch in Träumen oft wiederkehrt, welche
auf den Tod vorbereiten wollen, zeigt, dass unsere Psyche nicht damit
einverstanden ist, dass einfach der Glaube an Jesus Christus zum
ewigen Leben verhilft, wie die Kirche lehrt. Es ist im Gegensatz dazu
eine innere Arbeit während diesem Erdenleben nötig, um eine
individuelle Existenz im Jenseits aufzubauen.
Eine schwerkranke Frau wandte sich in einer
tiefen seelischen Krise an mich (RFR). Da sie ihre Krankheit nicht
mehr ertrug, wollte sie sich umbringen. Sie hatte sich als Mitglied
der Sterbehilfe-Vereinigung EXIT bereits die dazu notwendige
Medikamentenkombination besorgt. Vor ihrem Suizid wollte sie aber
noch meinen Rat einholen. Eine Initialvision zeigte mir, dass diese
Frau die Aufgabe hatte, mit Hilfe der von mir vorgeschlagenen Körperzentrierten
Visualisierung (oder
Symptom-Symbol-Transformation)
ein neues Verhältnis zu ihrem kranken Körper zu bekommen.
Als sie diesen Therapievorschlag annahm, hatte sie eine weitere
Vision:
Ich sehe
vor mir einen Apfelbaum. Die von mir aus gesehen linke Hälfte
ist verdorrt oder verbrannt, die Früchte sind wurmstichig und
faul. Hingegen lebt die rechte Hälfte. Sie trägt neue
grüne Blätter und Äpfel.
Die Frau ist Rechtshänderin. Da sich die
menschlichen Nervenstränge im Hals kreuzen, hängt die
rechte Seite des Baumes (die von ihr aus gesehen linke Hälfte)
mit der linken Gehirnhälfte zusammen. Diese gilt aber als die
denkende, intellektuelle, rationale Hälfte. Sie ist tot. Doch
die linke Seite des Baumes - die rechte Gehirnhälfte, welche
visuell (!) funktioniert - lebt und trägt die von Simon Magus
erwähnten Früchte für das jenseitige Leben. Der Traum
sagt also, dass diese Frau sich dem Aufbau des Hauchkörpers
für das Leben nach dem Tod widmen muss. Dies tat sie dann auch
und lebt heute ein sinnerfülltes Leben.
Nach der katholischen Auffassung werden nach
dem Tod, im jüngsten Gericht, die Gegensätze von Gut und
Böse geschieden: Die Guten kommen in den Himmel, die Bösen
in die Hölle. Die Träume widersprechen dieser Auffassung
(vgl. T&T, S. 42ff.). Sie entsprechen der alchemistischen
Auffassung der Gegensatzvereinigung im Tod. Sie nehmen daher des
öfteren das Motiv des altägyptischen Mythos der feindlichen
Brüder Seth (der Böse) und Osiris (der Gute) auf. Seth
sperrt den lebenden Osiris in einen Bleisarg oder er zerstückelt
ihn. Doch eben diese Beschränkung, dieses Ausgeliefertsein
bewirkt eine Neuschöpfung. Marie-Louise von Franz fragt sich
dann, ob nicht die Tragödie vieler heutiger alter Menschen,
welche unter der Tyrannei von Heimleitern und Pflegepersonal von
Altersheimen leiden, auf diesem Hintergrund gesehen werden sollte:
Dass wir nämlich eingesperrt werden und uns ausliefern
müssen, damit das Wachstum des Hauchkörpers für das
Leben nach dem Tod umso schneller geschehen kann.
2.
Motive der Vegetation: Baum, Korn, Blume
Ein weiteres verbreitetes Motiv für das
Leben nach dem Tod stellt die Vegetation dar (vgl. dazu T&T, S.
47, 63). Dies ist an und für sich verständlich, da alle
Vegetation ihr Leben direkt aus der sogenannt "toten" anorganischen
Materie bezieht, aus Licht, Luft, Erde und Wasser. Sie ist daher ein
besonders passendes Symbol für das Wunder, dass aus der Leiche
des Menschen, welche ja ebenfalls nur noch anorganische Materie
enthält, neues jenseitiges Leben erblüht.
Neben dem Weizenkorn, welches stirbt oder in
die Erde gelegt wird um anschliessend daraus wieder zu erstehen, ist
der Baum eines der häufigsten Symbole für diese
Auferstehung. Gemäss der germanischen Sage kommen die Menschen
sogar aus Bäumen und verschwinden im Tod wieder darin. Da der
Baum langsam aber stetig wächst (und unbeweglich am selben Ort
verharrt wie Osiris im Bleisarg; RFR) kann er gemäss C.G. Jung
als ein Symbol des von ihm so genannten Individuationsprozesses
angesehen werden. Gemäss meiner Erfahrung deutet dieses Symbol
auch darauf hin, dass dieser Prozess ganz wesentlich über eine
neuartige Erfahrung des vegetativen Nervensystem geht, einen Prozess
den ich Körperzentrierte Imagination
oder Symptom-Symbol-Transformation
genannt habe. Ein eindrückliches Beispiel, wie das Unbewusste in
der zweiten Lebenshälfte an die Notwendigkeit der
Beschäftigung mit dieser Aufgabe ermahnt, findet sich in meinem
Beitrag Der
Traum vom UFO im Urlaub. Hier
wird das Baummotiv interessanterweise mit jenem des UFOs verbunden,
was zeigt, dass die heute konstellierte UFO-Problematik eben auf die
Notwendigkeit des Aufbaus des Hauchkörpers aus dem vegetativen
Nervensystem hinweist. Dies ist auch einer der Gründe, warum in
den letzten Jahren der buddhistische und hinduistische Tantrismus im
Westen derart an Bedeutung gewonnen hat.
Vor Jahren begegnete ich einem jungen,
äusserst sensiblen Mann, der sich über die Spritze mit dem
HI-Virus angesteckt hatte. Er hatte nur noch wenige Wochen zu leben.
Kurz vor seinem Tod malte er das folgende Bild:
Im Hintergrund ist sein Heimatdorf zu sehen,
im Vordergrund ein Weiher mit einem Schilfbestand. Er sieht sich
sowohl als der abgebrochene Halm, als auch als der grosse rot-blaue
Schilfhalm. Sein Erdenleben ist zu Ende, doch das jenseitige beginnt.
Weiter zeigt uns dieses Motiv einerseits die Beziehung des
Nachtodlebens zum Kornmotiv, andererseits aber auch die
Gegensatzvereinigung, die offensichtlich kurz vor seinem Tod
stattfindet. Rot und Blau sind nämlich gegensätzliche
Farben, sie sind im Schilf jedoch vereint. Die Transparenz des Bildes
weist auf den hauchkörperartigen Aspekt des Lebens nach dem Tod
hin.
Sowohl in der Alchemie als auch in den
Jenseitsriten der alten Ägypter sind Blumen ein verbreitetes
Bild für die postmortale Existenz und den
Auferstehungskörper (vgl. T&T, S. 56ff.). Sie gehören
zur ersten Stufe der Wiederbelebung des Toten, zur sogenannten
vegetalischen Auferstehung.
Einer meiner Klienten, dessen Träume
schon im 30. Lebensjahr darauf bestanden, dass er sich nun mit dem
Aufbau des vegetativen Hauchkörpers beschäftigen sollte,
träumte folgendes:
Traum von meinem
neuen Namen:
"Ich habe meinen
Namen vergessen. Das bringt mich an den Rand der Verzweiflung. Ich
versuche mich zu erinnern, doch ohne Erfolg. Da erinnere ich mich,
dass ich meinen Schweizerpass bei mir habe. Ich nehme ihn hervor
und schaue meinen Namen nach. Ich heisse Blumenfeld [In
"Wirklichkeit" heisst der Träumer ganz anders]. Ich
schreibe diesen Namen auf einen Zettel, wodurch dieser zu einem
wichtigen Dokument wird."
Der Schweizer Heilige Niklaus von Flüe,
über den Marie-Louise von Franz das Buch Die Visionen des
Niklaus von Flüe, Daimon Verlag, CH-Einsiedeln, 2. Aufl.,
1980 geschrieben hat, sah in einer Vision eine Lilie aus seinem Munde
hervorwachsen. Diese deutet sie als die anima candida (die
weisse Seele), welche Niklausens Hauchkörper
entspricht.
Die Visionsserie einer meiner Klientinnen mit
Multipler Sklerose begann mit der folgenden Lilien-Vision:
Die erste
Vision:
Ich sehe in ein
Stück Tuch eine rot-gelb geflammte Lilie (Feuerlilie)
hineingestickt.
Es zeigte sich, dass diese kranke Frau die
Aufgabe hatte, in sich schon zu Lebzeiten den Hauchkörper
aufzubauen. Die Lösung dieser Aufgabe führte zu einer
Besserung der chronisch-progredienten MS. Im allgemeinen hat diese
spezielle Form der MS eine sehr schlechte Prognose, und bis heute ist
meines Wissens kein einziger Fall beschrieben worden, in welchem mit
medizinischer Behandlung eine Besserung des Zustandes erreicht worden
wäre. Eine ausführliche Beschreibung des Verlaufs findet
sich in Multiple Sklerose
und Symptom-Symbol-Transformation
(Kapitel 1 bis 4 des Ms. Archetypische
Psychosomatik).
3.
Die Todeshochzeit
Die Alchemie war von einem Motiv beherrscht,
welches C.G. Jung in seinem Spätwerk Mysterium
Coniunctionis (Ges. Werke, Bd. 14/I und 14/II) ausgiebig
erörtert: von dem so genannten Hierosgamos oder der
coniunctio, der heiligen Hochzeit von Gott und Göttin.
Dieses Motiv erscheint auch in Träumen und Visionen, die
über ein Leben nach dem Tod berichten (zum folg. s. T&T, S.
67ff.). Jung selbst hatte ein solches Erlebnis nach seinem
Herzinfarkt im Jahr 1944. Er beschreibt dieses in bewegenden Worten
in seiner Autobiographie (ed. A. Jaffé) Erinnerungen,
Träume, Gedanken (Walter Verlag, Olten, Freiburg i. Br.,
1961, S. 297ff.). Dieses einschneidende Erlebnis dürfte ein
wichtiger Anstoss zur Abfassung des obigen Werks Jungs gewesen sein,
welches 12 Jahre später erschien.
Ganz wesentlich scheint mir (RFR) in diesen
Visionen Jungs, dass darin die Sexualität in den göttlichen
Bereich aufgenommen wird. Es lässt sich daher vermuten, dass das
Erlebnis dieses Hierosgamos in entscheidendem Masse mit
sexuellen Phantasien zu tun hat. Doch hat es das Christentum
abgelehnt, diesen deifizierten Aspekt eines der zentralsten
menschlichen Grundtriebes zu betrachten. Auf diesem Hintergrund der
Verdrängung der sexuellen Phantasien ist es beispielsweise
verständlich, dass der Dichter Andersen, der sein ganzes Leben
lang jungfräulich blieb, auf dem Sterbebett die schlimmsten
Obszönitäten von sich gegeben haben soll. Und auch in Bezug
auf dieses ungelöste Problem zeigen die Träume, dass das
Wissen des kollektiven Unbewussten nicht mit der christlichen
"Lösung" der Verdrängung zufrieden ist, sondern uns
Menschen - und vor allem uns Männer - in eindrücklicher Art
und Weise darauf hinweisen will, dass eine Auferstehung und ein
Überleben im Jenseits des öfteren nicht ohne die
introvertierte Lösung des sexuellen Problems möglich
ist.
Da mir die Bewusstwerdung dieses Problems
äusserst dringend erscheint, will ich den Todestraum eines
modernen Mannes hier erwähnen, den Marie-Louise von Franz S. 79
zitiert:
Ich bin
mit meiner Frau in einer Kirche, um die Heiratszeremonie zu
wiederholen; aber ich sitze dicht vor einer undurchdringlichen
weissen Wand. Der Pfarrer (ein Mann, den ich als depressiv und
konventionell beurteile [d.h. eine Schattenseite dieses
Mannes, die er nicht realisiert hatte; RFR]) wollte gerade die
Zeremonie beginnen, da stürzte eine junge, wunderschöne
Zigeunerin in die Kirche, fesselte den Pfarrer und schleppte ihn
weg. Mit flammenden Augen blickte sie zum Träumer
hinüber und sagte: "Und mit Dir werde ich nun auch bald
die Geduld verlieren!"
Drei Wochen später starb der Mann an
einem Herzversagen. Er hatte es versäumt, sich diesem
unkonventionellen, wilden Animaaspekt hinzugeben. Diese Hingabe
hätte bedeutet - das folgende entspricht meiner Deutung (RFR) -,
dass er sich mit seinen sexuellen Phantasien hätte
beschäftigen müssen. Denn eben hinter diesen versteckt sich
der göttliche Hierosgamos, welcher gemäss der
Aussage der Träume zu einem individuellen Weiterleben nach dem
physischen Tod gehört.
(RFR) Da dieser Archetypus des Mysterium
Coniunctionis heute konstelliert scheint, das Christentum ihn
aber seit 2'000 Jahren vehement abwehrt und verteufelt, suchen viele
Menschen im hinduistischen
oder buddhistischen Tantrismus nach
einer Lösung. Doch erliegen sie derart auch wieder einem typisch
westlichen Vorurteil: Sie sehen nicht, dass dieser Hierosgamos
zwischen der weiblichen und der männlichen Gottheit
vollzogen wird, und nicht zwischen gewöhnlichen Menschen. Diese
verfallen daher einer von Jung so genannten Inflation
(Grössenwahn), indem sie sich mit dem göttlichen Paar
identifizieren. Ein modernes Beispiel einer solchen Inflation stellt
der Bericht von Maggie Tapert in der Zeitschrift SPUREN, Nr.
47/Frühling 98 dar, welche glaubt, als tantristische Göttin
mit Männergöttern zu schlafen (lies vögeln).
Längerfristig wird ihr, da der individuelle Aspekt der Beziehung
in diesen "Harem-Situationen" infolge der Identifikation mit der
tantrischen Göttin der Sexualität, völlig zu kurz
kommt, dieses typisch westlich-konkretistische Ausleben der
Identifikation mit der Göttin kaum gut bekommen...!
(RFR) In der Sprache der Psychologie C.G.
Jungs beschreibt die Hochzeitssymbolik des hierosgamos oder der coniunctio
den
Prozess, den er die Anima-Integration des Mannes und die
Animus-Integration der Frau genannt hat. Es wäre eigentlich die
Aufgabe seiner Nachfolger, der Jungianer, diesen spezifischen
Individuationsweg zu gehen. Es zeigt sich heute jedoch immer mehr,
dass der Gott Animus und die Göttin Anima die Krux der Jungschen
Psychologie darstellen. Seit dem Tod ihres Begründers hat sich
bei den Jungianerinnen und Jungianern die empirisch erlebbare
Beziehung zu diesen Göttern, die Wirklichkeit der Seele" (C.G. Jung), leider zu einem intellektuellen Nebel verflüchtigt.
Da ihnen meist die empirische Erfahrung einer Beziehung zu diesen
gegengeschlechtlichen Figuren fehlt, wird dieses Manko mit Hilfe
eines phantastischen Wortschwalls übertüncht. Eben dieser
wurde aber von den alten Alchemisten als imaginatio
phantastica gebrandmarkt. Mit empirisch erfahrener Psychologie
hat diese Unwirklichkeit der Seele" daher nichts mehr zu
tun.
[Anmerkung
vom 9.4.2005:
Ich
unterscheide heute zwischen Jungs Anima, der Geist-Seele des
Mannes, beziehungsweise dem Animus, der Geist-Seele der Frau,
die beide zwischen dem Ich und dem kollektiven Unbewussten
vermitteln, und dem tieferen Prinzip der Weltseele, die
insgeheim eins ist mit der Körper-Seele.
Die
Integration der Anima beziehungsweise des Animus, besteht in
meiner Sichtweise daher in der Aufgabe, sich mit dem kollektiven
Unbewussten und dessen Zentrum, dem Logos-Selbst, in Verbindung
zu setzen.
Sowohl
die Weltseele als auch die Körper-Seele gehören jedoch zum
Prinzip des Eros-Selbst,
das ich als zum Jung'schen
Logos-Selbst komplementär definiere. Die Weltseele bedeutet
eine eigentliche Seele des Universums, die bei der Geburt der
Naturwissenschaft infolge von deren Mathematisierung
überflüssig und daher verdrängt wurde. Ähnliches gilt
für die Körper-Seele, die nur introvertiert und in sehr
intensiv physisch erlebten Bildern erfahrbar ist, sich daher
ebenfalls einer Mathematisierung und statistischen Beschreibung
widersetzt. Beide sind deshalb sowohl verschieden von Jungs
Anima und Animus als auch von der physikalischen Energetik der
Materie.
Logos-Selbst
und Eros-Selbst vereinigen sich, alchemistisch ausgedrückt, in
der göttlichen coniunctio, woraus bei Robert Fludd der infans
solaris gezeugt und geboren, bei Gerardus Dorneus die rote
Tinktur extrahiert wird. Weitere Ausführungen dazu in Pauli-Jung-Briefwechsel,
Kapitel
2 und folgende, sowie The
Archetype of the Holy Wedding.]
In meinem Artikel Das UFO trägst du in deinem
Bauch
(in:
Johannes Fiebag, Besucher aus dem Nichts, UFO-Entführte
berichten, Knaur TB Nr. 77389, München
1998) habe ich gezeigt, dass dieser zu
erlösende Aspekt im individuellen physischen Körper steckt und als
Körperseele daraus befreit werden muss. Eben diesem Zweck dient
aber die von mir eingeführte Imaginationstechnik.
Neben der Gesunderhaltung und Heilung des Körpers dient sie
daher auch dem Aufbau des Hauchkörpers für das Leben nach
dem Tod. Dass die imaginatio diese Doppelaufgabe darstellt,
hat übrigens schon Paracelsus in seinem Werk De vita
longa gesehen (näheres
s. in meinem Buch Hat
AIDS einen Sinn?, IKOS-Verlag, Maur-Zürich,
1994, Buchbestellung:
http://www.libroplus.ch/ikos/ikos-4.htm).
C.G. Jung erlebte in seinem in seinen
Grundstrukturen eigenhändig erbauten, runden (!) Turm am
Zürichsee manchmal eine Einheit mit der Natur, die er wie folgt
beschreibt:
»Zuzeiten
bin ich wie ausgebreitet in die Landschaft und in die Dinge und
lebe selber in jedem Baum, im Plätschern der Wellen, in den
Wolken, den Tieren, die kommen und gehen, und in den Dingen ... hier
ist Raum für das raumlose Reich des Hintergrunds.«
(Erinnerungen..., S. 229).
Auch dieses Motiv des Aufgehens des
Individuums in eine All-Einheit kommt in Träumen vor, die uns
auf das Leben nach dem Tod vorbereiten wollen. Marie-Louise von Franz
nennt diesen Prozess "das Einswerden mit der Seele des Alls, der
anima mundi im Schoss der Natur." Meine bisherige
persönliche Erfahrung zeigt mir, dass die Vorbereitung auf
diesen glückseligen Zustand im Jenseits die Befreiung der
Körperseele aus dem physischen Körper darstellt, welcher
Prozess beispielsweise in meinem Beitrag über die Körperzentrierte
Imagination
näher erläutert ist. Denn in geheimnisvoller Art und Weise
scheinen die makrokosmische Weltseele (anima mundi) und die
mikrokosmische Körperseele (ich nenne sie auch die "Innenansicht
des Körpers") eins zu sein. Durch die Erlösung der
Körperseele scheint daher auch die Weltseele erlöst zu
werden, was dazu führt, dass man im Jenseits mit dieser
verschmilzt.
Ein Traum eines Mannes, der den von mir
vorgeschlagenen Prozess der körperzentrierten Imagination schon seit mehreren Jahren
übt, möge dieses Phänomen beleuchten:
Traum von der
"subtilen Berglandschaft" am Meer:
Ich schwimme ins
Meer hinaus. Irgendwann einmal drehe ich um und schwimme wieder
zurück an Land. Zu meinem grössten Erstaunen sehe ich
nun hinter dem Ufer eine wunderschöne, tief ergreifende
Landschaft: Links sind Berge (ähnlich wie jene taoistischen,
die ich in einem Buch über taoistische Malerei gesehen habe).
Sie sind - und diese Einsicht erlebe ich im Traum als einen
numinosen Augenblick - aus einer "subtilen Materie", fast
durchsichtig geformt. Ich weiss im Traum, dass sie eine
"Hauchkörper-Konsistenz" besitzen.
Der Traum besagt, dass der Träumer durch
die Arbeit mit Hilfe der Imaginationstechnik in eine
Reinigungsphase hineingekommen ist (Bad im Meer!). Tantristisch
ausgedrückt hat er durch seine mehrjährige
imaginatio - und nicht etwa durch irgendwelche magische
"tantrische" Prozeduren - das svadhisthana, das wässerige
zweite Chakra im Unterbauch geöffnet (vgl. dazu Neo-Tantrismus
und Körperzentrierte Imagination). Dieser Fortschritt im introvertierten
(mikrokosmischen) Prozess scheint eine Entsprechung im Makrokosmos zu
besitzen, indem auch die ihn umgebende Landschaft die subtile
Konsistenz des Hauchkörpers erhält.
4.
Der dunkle Geburtsweg
Da die Träume das jenseitige Leben als
eine geschlechtliche Vereinigung im Sinne einer "heiligen Hochzeit"
schildern, ist es eigentlich äusserst folgerichtig, dass auch
das Motiv der Geburt eine Rolle spielt (zum folg. s. T&T, S.
84ff.). Schwangerschaft, Ausbrüten und Geburt sind auch
Leitmotive der Alchemie, was darauf hinweist, dass die
Jenseits-Träume des öfteren Motive des alchemistischen Opus
(des Werks) aufnehmen. Speziell beim Paracelsus-Schüler Gerhard
Dorn wird die Körperseele durch Bebrüten aus der
Körpermaterie befreit.
In einer modernen Sprache nennen wir diesen
Prozess den Aufbau des Hauchkörpers aus der Körpermaterie
und die von mir (RFR) vorgeschlagene körperzentrierte Imagination dient genau
diesem Zweck. Solche Botschaften des Wissens des Unbewussten wollen
uns des öfteren also sagen, dass die Träumerin oder der
Träumer vor dem Tod die Aufgabe des Aufbaus des subtle
body hat. Leider wird diese Botschaft heute noch allzu
häufig nicht oder falsch verstanden. Die Betroffenen vergessen
vielleicht den Traum und wenden sich sogenannten "tantrischen"
Ritualen zu. Derart wird aber die eigentliche Aufgabe, nämlich
der introvertierte und individuelle Aufbau des
Hauchkörpers vernachlässigt (vgl.
dazu Bilder
aus dem Bauch: Tantrismus
und alternative Psychosomatik).
5.
Der Tod als der unheimliche oder hilfreiche "Andere"
In Träumen von Menschen der zweiten
Lebenshälfte, die sich der Beschäftigung mit dem Tod und
dem Jenseits verweigern, tritt dieser Tod des öfteren als
Einbrecher oder unheimlicher "Anderer" auf (vgl. T&T, S. 98ff.).
Da der "Einbruch der Inhalte des kollektiven Unbewussten" nicht
bewusst akzeptiert wird, passiert er in der Traumwelt.
Dieser unheimliche "Andere" ist des
öfteren auch als Wolf oder Hund dargestellt. Ein
eindrückliches Beispiel dafür ist ein Traum, den C.G. Jung
uns hinterlassen hat (Erinnerungen, Träume, Gedanken, S. 316).
Jung war mit dem Fahrrad in Oberitalien im Urlaub. Da träumte
er:
"Ich
befand mich in einem finsteren Wald;...es war eine heroische,
urweltliche Landschaft. Mit einem Male hörte ich ein
gellendes Pfeifen...die Knie wurden mir weich vor Schrecken. Da
krachte es im Gebüsch und ein riesiger Wolfshund mit
furchtbarem Rachen brach heraus...Er schoss an mir vorbei, und ich
wusste: jetzt hat der Wilde Jäger [Wotan; RFR] ihm
befohlen, einen Menschen zu apportieren..." Am nächsten
Morgen erhielt ich die Nachricht vom Tode meiner Mutter.
Auch in der Mythologie hat der Hund des
öfteren mit dem Tod und der Auferstehung zu tun. Der
ägyptische Gott Anubis, der mit dem Kopf eines Schakals
dargestellt wird, ist der eigentliche Bringer der Auferstehung. Bei
den Azteken bringt der Hundgott Xolotl die Toten im Jenseits ins
Leben zurück. Shiva, der Gott der Zerstörung im Hinduismus,
heisst "Herr der Hunde", usw.
Die obigen Amplifikationen zeigen, dass der
Tod in Träumen auch als hilfreiches Wesen erscheinen kann. Wenn
ein Mensch sich mit der Problematik des individuellen Erlebens des
Todes auseinandergesetzt hat, ist es viel wahrscheinlicher, dass
dieser ihm als ein Helfer erscheint. Ein häufiges Motiv ist
zudem das Erscheinen eines bereits verstorbenen Verwandten oder
Ehepartners im Traum oder in einer Vision, welche den Todgeweihten
abholen.
Doch solche Träume können schon
viel früher auftauchen. Ich (RFR) will dazu ein Beispiel
aus meiner eigenen Praxis zitieren:
Traum einer
ungefähr fünfundvierzigjährigen Frau von ihrem
Taufpaten im Hauchkörper im Jenseits:
Ich habe
irgendwo eine Wohnung gemietet, die ich aber im Moment nicht
benütze.
Assoz.:
Ich beschäftige mich im Moment mit dem Deutschen
Requiem von Johannes Brahms. Dabei geht mir immer wieder
die Melodie "Wie lieblich sind Deine Wohnungen, Herr Zebaoth!"
durch den Kopf. [Anmerkung v. RFR: Diese Wohnungen sind ein
Symbol für das Leben im Jenseits.]
Ich öffne
die Haustüre mit einem Passepartout (Generalschlüssel!).
In der Wohnung ist jemand und ruft mich mit meinem Namen:
"Elisa!". Ich drehe mich um und sehe, dass es mein vor eineinhalb
Jahren verstorbener Taufpate ist. Ich sehe ihm ins Gesicht; es ist
völlig verklärt und glücklich. Dann sehe ich mir
seinen Körper an; dieser ist anders als der eines Lebenden,
nämlich leicht verschwommen, oszillierend auch, und
durchsichtig (transparent). (Assoz.: So sieht vielleicht der
Hauchkörper aus.) [Bem. v. RFR: Die Ähnlichkeit mit
der Beschreibung von UFOs
ist frappant!]
Dies ist
für mich im und nach dem Traum ein numinoses Erlebnis, das
man kaum in Worte fassen kann. Vielleicht erleben die Mystiker in
der mystischen Ekstase solche Gefühle und
Körperempfindungen.
Mein Pate weiss
nicht so recht, was er mir sagen soll. Auch ich bin etwas gehemmt,
weil ich irgendwo gelesen habe, dass man den Toten nicht zu nahe
kommen sollte.
Ich spüre
beim Erwachen eine intensive Wärme im Rücken auf der
Höhe des Herzens. Später sagt mir Remo Roth, dass sich
während dieses Erlebnisses wahrscheinlich mein
anahata-Chakra in der Herzgegend geöffnet
habe.
Der Traum bestätigt die Idee, dass
geliebte Menschen uns in die andere Welt abholen werden. Die
Träumerin scheint jedoch noch nicht unmittelbar vor dem Tod zu
stehen, daher die Notwendigkeit der bewussten Distanz zu ihrem
Taufpaten. Doch zeigt der Traum über das Erlebnis von dessem
Hauchkörper (im Schweizerdeutschen "Götti" = "kleiner Gott"
genannt, im Englischen "godfather" = Gott), dass es sich hier um die
Aufgabe des Aufbaues des deifizierten Hauchkörpers
für das Leben nach dem Tod handelt. Eben dieser Aufgabe hat sie
sich dann gestellt - und sie lebt auch 20 Jahre nach diesem Traum
noch.
6.
Der Durchgang durch Feuer und Wasser
Wir sind dem Motiv des zerstörenden
Feuers am Anfang schon begegnet, bei Simon Magus' Lebensbaum, dessen
Frucht gerettet werden muss. Dieses das vegetative Leben
zerstörende Feuer ist ein recht häufiges Motiv in
Träumen, die auf das jenseitige Leben vorbereiten wollen.
Mir (RFR) scheint, dass solche Träume von der
"Zerstörung" der einseitigen naturwissenschaftlichen Auffassung des
vegetativen Nervensystems (welches in Träumen oft als
Vegetation, d.h. eben als Baum oder Wald dargestellt ist) sprechen.
Der Tantriker würde sagen, dass der sthula-Aspekt
(grobstofflich) des vegetativen NS in dessen suksma-Aspekt
(feinstofflich, subtil, s. ob. Traum vom Taufpaten) transformiert
werden muss. Ich habe zudem gute Gründe anzunehmen, dass die UFO-Problematik
mit diesem Aspekt der Herstellung des subtle body in
diesem Leben zu tun haben könnte. Ein Beispiel, welches
in diese Richtung zeigt, stellt Der
Traum vom UFO im Urlaub dar. Ein
weiteres findet sich in Das
UFO, die Radioaktivität und die
Synchronizität.
In beiden Träumen ist das
Symbol des Wassers ein ganz wichtiges Motiv. Ein im Zustand des
abaissement du niveau mental (Pierre Janet; ich bezeichne
diesen Zustand heute als das Eros-Bewusstsein)
gemaltes Bild eines ungefähr dreissigjährigen Mannes, der
insofern eine "mikrokosmische Apokalypse" erlebte, als sein ganzer
beruflicher und privater Lebensplan zusammengebrochen war
(Arbeitslosigkeit, Scheidung), soll den Tatbestand aufzeigen, dass
wir Individuationsträume, d.h. Träume, die zu einer
drastischen Wandlung des Bewusstseins aufrufen, und Todesträume,
die vom jenseitigen Leben sprechen, von ihren Motiven her nicht
unterscheiden können. Beide enthalten ähnliche Symbole.
Eines davon ist der Durchgang durch das Wasser.
Die rote Fläche stellt gemäss den
Aussagen des Malers das Rote Meer dar. Weiter sagte er mir, dass er -
obwohl er mir rational nicht erklären könne, was dies
bedeuten könnte - instinktiv fühle, dass er im Laufe seines
Lebens dieses noch durchqueren müsse, um die Berge (gemäss
C.G. Jung ein Symbol des Selbst, des innerlich erfahrenen
Gottesbildes) und den bewölkten Himmel im Hintergrund (ein
Symbol der luftartigen blauen Flüssigkeit; vgl. unten) zu
erreichen.
Um dieses archetypische Geschehen verstehen
zu können, müssen wir kurz in die Alchemie
zurückblenden. Gewisse Alchemisten, so u.a. der
Paracelsus-Schüler Gerardus Dorneus, betrachteten die
Herstellung des lapis, des Steins oder des Goldes, noch nicht
als das eigentliche Ziel des Opus (ihres Werks). Sie fügten
daher noch eine Stufe an, eben die Extraktion der roten
Tinktur. Die obige Durchquerung des roten Meeres stellt ein
Synonym der Extraktion der roten Tinktur
aus dem Stein dar. Beide symbolisieren
den Aufbau des subtle body (link1,
link2),
des Hauchhörpers. Dieser wiederum dient der vita
longa des Paracelcus, einem
Doppelprozess, der einerseits Gesundheit und langes diesseitiges
Leben, andererseits aber auch das individuelle Leben im Jenseits
garantiert.
[vgl. zur ganzen Thematik und deren Zusammenhang mit
meiner Körperzentrierten Visualisierung bzw.
Symptom-Symbol-Transformation auch meine Bemerkungen in Werner Zurfluhs Kristallisierende
Wassertropfen, Teil 4/I sowie The
New Mysticism and the Life after Death, part 2 ]
Die Sonne links entspricht dem "sol niger"
der Alchemie, d.h. einer im Wasser oder in der Erde verschwundene
Sonne. Sie deutet darauf hin, dass dem Maler dieses Bildes auch in
Zukunft ein Prozess des abaissement du niveau mental
bevorsteht - eine "Verdunkelung des Gehirns", wie die Alchemisten
sagen - , der dem Zweck dient, das von mir postulierte
Eros-Bewusstsein aufzubauen. Das Siegel Salomos rechts weist auf das
anahata, das Herz-Chakra der Tantristen hin [vgl. dazu Die
Chakras des Tantrismus
(Abschnitt 5.3 des Buches Die
Gottsucher) ].
Das seltsamste Motiv ist die Schlange am
Kreuz. Der Maler ist Katholik und kennt die Symbolik von Christus am
Kreuz. Das "absolute Wissen" (C.G. Jung) des Unbewussten ersetzt ihm
dieses nun durch die Schlange! Diese symbolisiert den Prozess der
Erweckung der tantristischen Kundalini-Schlange, die hier aber am
Kreuz, das heisst, am zentralen Symbol des Christentums hängt.
Wir können daraus schliessen, dass der Maler nicht einfach die
Methodik des tantrischen Prozesses übernehmen kann, sondern dass
er vor der Aufgabe steht, Tantrismus und Christentum in einer
neuartigen Art und Weise zu vereinigen.
Das Motiv des Durchgangs durch das Wasser
gehört zur Auferstehung und Wiedergeburt (Belege s. T&T, S.
118f.) und zum ägyptischen Unterweltgott Osiris. Zudem werden
Feuer und Wasser manchmal gleichgesetzt. Auch dieses Motiv kennen wir
aus der ägyptischen Mythologie, es erscheint aber auch in der
Alchemie des Spätmittelalters. Speziell interessant ist der
Prozess der Herstellung einer luftartigen blauen Flüssigkeit
beim Paracelsusschüler Gerhard Dorn, welche dem deifizierten
Hauchkörper zu entsprechen scheint (zum fol. s. Das
Radbild des Niklaus von Flüe als Symbol des Aufbaus des
Hauchkörpers). Er schlägt eine
Fortsetzung des alchemistischen Opus vor, das mit der sogenannten
unio mentalis beginnen soll. Diese stellt eine Vereinigung von
Geist und Psyche, modern ausgedrückt: von Logos und Eros, dar.
Um diese Vereinigung zu erreichen, muss der Körper vorerst aber
»abgetötet« oder »mumifiziert« werden. In
unserer psychologischen Sprache würden wir diesen Sachverhalt
folgendermassen ausdrücken: Der von der Triebhaftigkeit und
Getriebenheit bewegte Körper muss in einem bewussten Akt
stillgelegt werden - eine Forderung, die jeder ernsthaften Art der
Meditation und Imagination zugrundeliegt. C.G. Jung hat mit seiner
Methode der Aktiven Imagination eine moderne Variante der Dornschen
unio mentalis gefunden.
In einer zweiten Stufe des
Dornschen Opus, in der sogenannten unio corporalis, soll dann
die Vereinigung dieser unio mentalis mit dem vorher
»abgetöteten« Körper erreicht werden. Als Folge
dieser Prozedur wird der tote Körper wiederbelebt, und es findet
ein sogenannter Austausch der Attribute statt: Der Körper
wird psychisch, die Geist-Psyche wird materiell. Wenn der Mensch in
diesem Erdenleben diesen Prozess bewusst vollzieht, baut er den
Hauchkörper für das Leben nach dem Tod auf. Und erst derart
scheint ein individuelles Leben im Jenseits möglich.
Eine moderne Umsetzung dieser
Idee der unio corporalis des Arztes Gerhard Dorn (Dorneus)
stellt die von mir inaugurierte Körperzentrierte
Imagination oder
Symptom-Symbol-Transformation
dar.
7.
Die "Bearbeitung" des alten Körpers
Wie ich erwähnt habe, hat Marie-Louise
von Franz gesehen, dass sich Individuations- und Todesträume
inhaltlich nicht voneinander unterscheiden lassen. Der oben kurz
beschriebene Imaginationsprozess, den die Alchemie unio
corporalis genannt hat, erscheint daher sowohl in Träumen,
die eine unerledigte Aufgabe in diesem Leben beschreiben
(Individuation), als auch in jenen, die vom Leben im Jenseits
sprechen. Daraus lässt sich der Schluss ableiten (RFR), dass
Menschen, die diese Aufgabe in diesem Leben nicht bewältigen und
daher zu früh sterben, im Jenseits mit derselben Aufgabe
konfrontiert sind.
Dies soll ein Traum eines ungefähr
fünfzigjährigen Klienten illustrieren. Da er, soweit ich
dies beurteilen kann, an seiner Individuation mit voller Kraft
arbeitet, nehme ich den Traum objektstufig, das heisst, als Aussage
des Wissens des Unbewussten über den toten Vater und nicht als
Aussage über eine noch zu lösende Aufgabe des
Sohnes.
Traum vom
Graalskönig-Grab des Vaters:
Mein Vater ist
gestorben [wie in Wirklichkeit ungefähr ein Jahr vor diesem
Traum; RFR]. In einer modernen Kirche - etwa wie jene von
Ronchamps - wurde für ihn ein Grabmal errichtet. Es ist sehr
gross und zeigt derart die Wertschätzung dieser Kirche für
ihn. Vorn drauf ist ein Relief meines Vaters. Es zeigt ihn,
ähnlich wie bei Ritter- oder Bischofsgräbern in gewissen
Kirchen, mit dem ganzen Körper. Auf der linken Seite seines
Körpers fährt ein Schwert hinunter, welches seine linke
Hüfte durchbohrt.
Im Buch Die Graalslegende deuten Emma
Jung und Marie-Louise von Franz das Motiv der durchbohrten Hüfte
des Graalskönigs als das ungelöste sexuelle Problem,
welches uns die Kirche hinterlassen hat. Weil sie die Sexualität
und den Körper verteufelt und in keiner Art und Weise in den
religiösen Ritus eingebaut hat (wie beispielsweise der
Tantrismus), ist der heutige Mensch nicht in der Lage, den
spirituellen Aspekt der Sexualität zu sehen und zu leben. Dieses
Problem hatte der Vater meines Analysanden, doch er konnte es in
diesem Leben nicht lösen. So scheint er denn im Jenseits diese
Aufgabe anpacken müssen. Diese Deutung wird bestätigt durch
einen anderen Traum desselben Mannes über seinen Vater: Er
träumte, dass dieser im Jenseits nun mit C.G. Jung eine Analyse
begonnen hatte...!
Ebenso scheinen die Träume, die
Marie-Louise beibringt (vgl. T&T, S. 124ff.), davon zu sprechen,
dass die Verstorbenen vor einer Aufgabe stehen, die in irgend einer
Art und Weise mit dem Körper zu tun hat. Denn bevor nach dem Tod
die Seele sich mit dem Körper wiedervereinigen kann, muss dieser
präpariert (wie im ägyptischen Totenritual),
zerstückelt und neu zusammengesetzt oder ein hauchartiger und
deifizierter (vergöttlichter!) Seelenkörper daraus
extrahiert werden. Diese Wiedervereinigung der Seele mit dieser
Körperessenz gleicht dabei dem von Gerhard Dorn beschriebenen
Prozess der unio corporalis. Der Unterschied besteht
allerdings darin, dass Dorn verlangt, dass die unio corporalis
in diesem Leben zu erfolgen hat. Wenn wir diese Forderung ernst
nehmen, kann man (RFR) schliessen, dass die von Marie-Louise von
Franz zitierten Todesträume auch auf einen Prozess hinweisen,
den die betreffenden Menschen in diesem Leben versäumt haben.
Daher holt er sie in Todesnähe dann ein.
Wir tun also gut daran, schon in relativ
jungen Jahren Träume ernst zu nehmen, die vom Aufbau eines
Hauchkörpers sprechen. Paracelsus hat die Ansicht vertreten,
dass wir durch diese Arbeit die vita
longa (das lange Leben)
erreichen. Wie wir gesehen haben, besteht diese einerseits in einer
Gesunderhaltung des Körpers und damit in einem langen Leben im
Diesseits, aber auch in einem ewigen Leben im Jenseits. Entscheidend
an dieser Aussage ist jedoch, dass die Arbeit im Diesseits zu
geschehen hat.
Mir persönlich scheint, dass im
beginnenden 21. Jahrhundert eben dieser Prozess konstelliert ist. Mit
dieser Notwendigkeit des Aufbaus des Hauchkörpers für das
Leben nach dem Tod dürfte auch das UFO-Phänomen
zu tun haben. Daher rühren vielleicht die vielen
Übereinstimmungen zwischen letzteren und den
Hauchkörper-Phänomenen. Da ich davon überzeugt bin,
dass immer mehr Menschen von diesen Vorgängen betroffen sind und
mehr über diese "letzten Dinge" wissen sollten, habe ich mir mit PSYCHOVISION
die Aufgabe gestellt, diese von mir
entdeckten Zusammenhänge auf einem neuartigen (übrigens
äusserst introvertierten!) Medium einem breiteren Publikum zu
unterbreiten.
zu diesem Thema siehe auch
Die
Neue Mystik und das Leben nach dem Tod und
die erweiterte englische Version The
New Mysticism and the Live after Death
vgl. auch
Persönliche
Erinnerungen an Marie-Louise von Franz
Homepage
Remo F. Roth
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18.11.2002
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